Zum Geburtstag habe ich mir Robert Kiyosakis Cashflow-Spiel geschenkt. Das war eine schwere Entscheidung. Zwar verspricht das Spiel, seinen Spielern „wirklich das Investieren beizubringen“. Aber zunächst mal macht es seinen Käufer 97 Euro ärmer und Robert Kiyosaki 97 Euro reicher. Aber in die eigene Finanzbildung zu investieren soll ja durchaus sinnvoll sein.
Der erste Eindruck ist ganz ordentlich: Das Spiel ist optisch ansprechend, das Spielmaterial wertig. Was ist in der Box?
- Das Spielbrett
- Vier Sorten Ereigniskarten, nämlich „Kleiner Deal“, „Großer Deal“, „Markt“ und „Schnickschnack“
- 12 „Berufe“-Karten, vom Hausmeister bis zum Arzt
- Blöcke mit Blankoformularen für die Einkommensübersicht und das Bargeldkonto
- Würfel und 5 Spielfiguren aus Holz
- Eine übersichtliche und nicht zu lange Spielanleitung
Inzwischen habe ich eine Runde mit meiner Frau gespielt und die wichtigste Erkenntnis ist: Das Spiel macht tatsächlich Spaß! Ironischerweise gilt dies zumindest solange, wie man sich als Spieler im „Hamsterrad“ befindet. Denn Cashflow hat zwei Phasen: Die Spieler beginnen im „Hamsterrad“, wechseln aber auf die „Überholspur“, sobald ihr passives Einkommen ihre Ausgaben übersteigt.
Das Hamsterrad ist sehr detailliert ausgearbeitet. Durch die Ereigniskarten eröffnen sich mehrmals pro Runde neue Möglichkeiten für Geschäfte und Investments oder Herausforderungen für den eigenen Kontostand. Die Spieler müssen ihre Kosten im Blick behalten, Investments bewerten und Gelegenheiten für Geschäfte ergreifen.
Etwas anders sieht es auf der Überholspur aus. Sobald man diese erreicht hat, verhundertfacht sich der Kontostand. Man hantiert nun mit ganz anderen Summen, im hunderttausender statt im tausender Bereich. Entsprechend werden Kosten wie beispielsweise 100 Euro Ratenzahlung für die Bafög-Rückzahlung bedeutungslos. Leider wird zumindest in diesem Spiel das Leben auf der Überholspur auch sehr viel ereignisloser. Man kann eigentlich nur noch Unternehmen kaufen. Wenn man Pech hat, landet man auf einem rot eingefärbten Spielfeld und die Hälfte des Kontostandes ist futsch. Entsprechend kauft man unterschiedslos alle Unternehmen, derer man habhaft werden kann. Die Rendite ist erstmal egal, Hauptsache es liegt nicht zuviel Geld auf dem Konto. Die wenigen Zockerfelder sind recht durchschaubar. Oder würden sie 750.000 Euro investieren, wenn das Risiko des Totalverlustes bei 82,5% liegt? Bei der zweiten Runde haben wir daher eigenmächtig festgelegt, dass derjenige Spieler gewonnen hat, der als erstes das Hamsterrad verlässt – und uns die Überholspur gespart.
Ein Lob verdient in jedem Fall die Übersetzung ins Deutsche und die Anpassung an die Gegebenheiten in Deutschland. (Vgl. „Bafög“.) Die Texte sind liebevoll übersetzt, ohne Denglisch. Die Spielwährung ist Euro. Bei den Immobilienpreisen scheint man sich allerdings an Brandenburg oder Mecklenburg-Vorpommern orientiert zu haben. In München wird das „Mehrfamilienhaus mit 4 Wohneinheiten“ jedenfalls nicht für 300.000 Euro zu haben sein. Lediglich die Covergrafik wurde nicht an den deutschen Markt angepasst. Passend zum englischen „Rat Race“ zeigt sie zwei Ratten (Comicfiguren) im Ferrari und keine deutschen Hamster, die aus dem Hamsterrad aussteigen.
Bleibt die Frage: Was lernt man beim Spielen? Lernt man zu investieren? Um diese abschließend zu beantworten, ist sicher nochmal ein zweiter, intensiverer Blick notwendig. Ein paar Basics, die man auch aus Robert Kiyosakis Büchern kennt, werden allerdings auf den ersten Blick klar:
- Passives Einkommen kommt aus Vermögenswerten, wie z.B. vermieteten Immobilien.
- Einkommen aus Erwerbstätigkeit ist kein passives Einkommen.
- Nur wenn das passive Einkommen höher als die monatlichen Kosten ist, kann man das Hamsterrad verlassen.
- Es gibt also zwei Stellschrauben: Das passive Einkommen erhöhen oder die Kosten senken.
- Ganz schlimm ist „Schnickschnack“, also scheinbar wertvolle Dinge, die aber ausschließlich Kosten verursachen, vom Restaurantbesuch bis zum eigenen Boot.
- Nicht jedes Investment ist gleich gut. Es gilt, die Rendite zu vergleichen.
- Für das nötige Startkapital können gehebelte Arbitragegeschäfte sorgen. Will heißen: Einfach mal mit wenig Eigenkapital und viel Geld von der Bank eine Immobilie kaufen und diese wenig später mit hohem Gewinn verkaufen. Wenn das im echten Leben mal so schnell ginge!
Hat sich der Kauf des Spiels also gelohnt, obwohl es „Schnickschnack“ ist? Oder hätte ich die 97 Euro lieber mit 6,75% Rendite bei Bondora anlegen sollen? Für mich hat sich der Kauf gelohnt. Ich mag keine bahnbrechend neuen Erkenntnisse gewonnen haben. Allerdings verinnerlicht man manche der oben genannten „Lehren“ einfacher, wenn man das Spiel spielt, als wenn man sie nur „theoretisch“ liest. Und vor allem hat mich das Spiel wieder ins Denken gebracht, was meinen eigenen Exit aus dem Hamsterrad anbelangt. Und das dürfte wohl auch sein wichtigstes Ziel sein.